"Jugend Eine Welt": Österreich darf Kinderarbeit nicht ignorieren
"Auch wir in Österreich sind mit missbräuchlicher Kinderarbeit konfrontiert!": Das hat "Jugend Eine Welt" zum Welttag gegen Kinderarbeit (12. Juni) betont. "Unser Wohlstand darf nicht auf Ausbeutung anderer basieren. Politik, Wirtschaft und jeder Einzelne ist gefordert, seinen Beitrag dazu zu leisten", appellierte Geschäftsführer Reinhard Heiserer in einer Aussendung am 10. Juni 2023. Der unlängst erfolgte Beschluss eines europäischen Lieferkettengesetzes durch das EU-Parlament - laut Heiserer ein "längst überfälliger Schritt" - dürfe nicht wieder verwässert werden. Justizministerin Alma Zadic und Wirtschaftsminister Martin Kocher sollen dafür in den anstehenden Verhandlungen zwischen den EU-Institutionen und den Mitgliedsstaaten sorgen, forderte "Jugend Eine Welt".
Weltweit arbeiten rund 160 Millionen Kinder im Alter zwischen fünf und 17 Jahren unter Bedingungen, die als Kinderarbeit einzustufen seien, berief sich das österreichische Hilfswerk, das seit über 25 Jahren Projekte gegen Kinderarbeit im Globalen Süden unterstützt, auf Schätzungen der Internationalen Arbeitsorganisation (ILO). 79 Millionen dieser Kinder arbeiteten unter ausbeuterischen und oft gesundheitsschädlichen und gefährlichen Bedingungen. "Das bedroht nicht nur ihre Gesundheit, sondern verletzt ihre grundlegenden Kinderrechte und beraubt sie ihrer Zukunft", erklärte Heiserer. Bildung sei der Schlüssel für ein späteres Leben in Würde, darauf liege auch der Fokus der "Jugend Eine Welt"-Projekte.
Erst vor wenigen Tagen bekam Geschäftsführer Heiserer Besuch von einem Projektpartner aus dem Süden Afrikas: Joseph Nyondo, als Ökonom der Salesianer Don Boscos für Projekte in Malawi, Sambia, Simbabwe und Namibia verantwortlich, berichtete u. a. von Kinderarbeit in den unzähligen Kupferminen in der Region. Der sogenannten "Copperbelt", der sich von Sambia bis in die Demokratischen Republik Kongo zieht, gilt als Afrikas bedeutendstes Kupferbergbaugebiet.
Trotz des Reichtums an Bodenschätzen sei die Armut in der Region groß. "Familien brauchen jedes Einkommen, um zu überleben. Die Eltern arbeiten in den Mienen und nehmen ihre Kinder mit, die somit früh mit dem illegalen Minenabbau in Kontakt kommen", erzählte Nyondo. Deren Zukunft werde damit zerstört. Denn die jungen Mädchen und Buben brechen die Schule ab und absolvieren in den Mienen schwere Arbeiten, die sonst nur Erwachsene machen. "Sie kommen aus der Armutsspirale nicht mehr raus." Die von skrupellosen Geschäftsleuten ausgebeutete Arbeit trage dazu bei, dass auch in Österreich der großer Kupferbedarf rasch und kostengünstig gestillt werden kann, ergänzte Heiserer.
Kinderarbeit in der Schmuckindustrie. © Jugend Eine Welt
Achtung beim Kauf täglicher Produkte
"Kinderarbeit hat still und heimlich längst unsere eigenen Haushalte erobert", warnte der NGO-Vertreter. Neben Kupfer befänden sich 159 Produkte aus 87 Ländern bzw. Regionen auf der "list of goods", einer vom US-amerikanischen Bureau of International Labor Affairs (ILAB) jährlich veröffentlichten Auflistung jener Güter, in denen Kinderarbeit steckt. "Das Thema Kinderarbeit ist für viele Österreicherinnen und Österreicher nicht greifbar, da die Ausbeutung der jungen Mädchen und Burschen vorwiegend im Globalen Süden passiert", wies der Geschäftsführer hin. "Doch wir sind hierzulande sehr wohl mit Kinderarbeit konfrontiert - nämlich in Form der bei uns verarbeiteten Rohstoffe aus jenen Regionen sowie vieler Waren und Produkte, die im Globalen Süden mit der Hilfe von Kinderhänden geerntet oder hergestellt wurden."
Heiserer empfahl einen bewussten Blick auf den Frühstückstisch, auf dem sich oft Produkte befänden, in denen missbräuchliche Kinderarbeit steckt - ohne dass die Österreicher:innen davon wissen. Beispiele seien Orangen, Kakao oder Palmöl, das in Schokoladencreme enthalten ist, und etwa in Malaysia, Indonesien und Sierra Leone unter ausbeuterischen Umständen von Kindern produziert wird. "Da heißt es für alle, auch das eigene Konsum- und Einkaufsverhalten zu hinterfragen bzw. auf die Herkunft der Produkte sowie auf Gütesiegel des fairen Handels zu achten."