Papstwahl: Konklave wurde mit feierlicher Messe eröffnet
In einer langen Prozession zogen die Kardinäle in rot-goldenen Gewändern in die Vatikan-Basilika ein. Tausende Gläubige begleiteten den historischen Akt. Kardinaldekan Giovanni Battista Re erinnerte in seiner Predigt die wahlberechtigten Kardinäle an ihre "höchste" Verantwortung und die "herausragende Bedeutung" ihrer Entscheidung. Die Wahl sei eine menschliche Handlung, bei der alle persönlichen Erwägungen zurückgestellt werden müssten, erinnerte Re die Kardinäle. Liebe müsse ihr Denken und Handeln kennzeichnen: "Die Liebe ist die einzige Kraft, die in der Lage ist, die Welt zu verändern."
Für Kardinaldekan Re war der auf Latein gehaltene Gottesdienst seine letzte Aufgabe in der Phase ohne Kirchenoberhaupt. Wegen der Altersbeschränkung von 80 Jahren nimmt er selbst nicht an der Wahl eines neuen Papstes teil.
Schwieriger Wendepunkt der Geschichte
Insgesamt 133 Kirchenmänner werden ab dem Nachmittag in der Sixtinischen Kapelle über das neue katholische Kirchenoberhaupt abstimmen: Einen Papst, "den die Kirche und die Menschheit an diesem sehr schwierigen, komplexen und quälenden Zeitpunkt der Geschichte benötigen", sagte Kardinal Re im Petersdom. Zu den Aufgaben eines jeden Pontifex gehöre es, die Gemeinschaft zu festigen - innerhalb der Kirche und ausgerichtet auf die Gemeinschaft zwischen Menschen, Völkern und Kulturen. Der Kardinaldekan erinnerte an die vornehmliche Aufgabe eines jeden Papstes, die Einheit der Kirche zu wahren.
Kein bloßer Personalwechsel
Zudem sei die Wahl des neuen Papstes nicht nur ein einfacher Wechsel von Personen; es sei stets der Apostel Petrus, der zurückkehre, sagte der Kardinal. "Beten wir daher, dass der Heilige Geist, der uns in den letzten hundert Jahren eine Reihe wahrhaft heiliger und großer Päpste geschenkt hat, uns einen Papst nach dem Herzen Gottes zum Wohl der Kirche und der Menschheit schenkt", appellierte er. "Beten wir, dass Gott der Kirche einen Papst schenkt, der das Gewissen aller und die moralischen und spirituellen Kräfte in der heutigen Gesellschaft, die von großem technologischem Fortschritt geprägt ist, aber dazu neigt, Gott zu vergessen, am besten zu wecken vermag."
In den in mehreren Sprachen, darunter auch auf Deutsch, vorgetragenen Fürbitten bei dem Gottesdienst im Petersdom baten die Gläubigen Gott, die Kirche in Wahrheit, Einheit, Heiligkeit und Frieden zu bewahren und den Wahlmännern Weisheit für ihre Entscheidung zu schenken. Ebenso möge er alle Frauen und Männer stärken, am Wohl der Kirche mitzuwirken, sowie Unterdrückte, Verfolgte und Verzweifelte zu trösten.
Auftakt zur Papstwahl
Mit dem feierlichen Einzug der wahlberechtigten Kardinäle in die Sixtinische Kapelle hat am Mittwochnachmittag im Vatikan das Konklave zur Wahl des neuen Papstes begonnen. Nach einem kurzen Gebet in der Paulinische Kapelle im Apostolischen Palast zogen die 133 Kardinäle über die Sala Regia zur Sixtina. Dazu sangen sie die Allerheiligen-Litanei, in der die Heiligen der katholischen Kirche um Fürsprache bei Gott für eine gute Papstwahl angerufen wurden.
Angeführt wurde die Prozession von einem Kreuz und Kerzenträgern. Es folgten die Sänger der Cappella Sistina sowie die Beichtväter und Zeremoniäre. Danach gingen die Kardinäle in der Reihenfolge der drei Klassen - Kardinaldiakone, Kardinalpriester und Kardinalbischöfe - und der Ernennung. Kardinal Pietro Parolin (70), der als ranghöchster Kardinalbischof unter 80 Jahren in Vertretung des nicht wahlberechtigten Kardinaldekans Giovanni Battista Re (91) das Konklave leitet, betrat zusammen mit dem päpstlichen Zeremonienmeister Erzbischof Diego Ravelli als Letzter die Kapelle.
Kardinäle leisten Eid
Bei ihrer Ankunft in der Papstwahlkapelle verneigten sich die Kardinäle zunächst vor dem Altar an der Stirnseite der Kapelle mit dem "Jüngsten Gericht" Michelangelos. Dann gingen sie zu den ihnen zugewiesenen Plätzen an den in der Sixtina errichteten Tischen. Vor jedem Stuhl befanden sich das Namensschild, ein Exemplar der Papstwahlordnung sowie das liturgische Buch des Konklaves. Aus Platzgründen - das aktuelle Konklave ist mit 133 Wählern das bisher größte der Kirchengeschichte - wurden die Plätze für die Kardinäle erstmals nicht nur entlang der Seitenwände der Kapelle aufgestellt, sondern auch quer mit Blickrichtung zum Altar.
Es folgte der lateinische Pfingst-Gesang "Veni Creator Spiritus" (Komm, Heiliger Geist). Konklave-Leiter Parolin verlas danach die Eidesformel, wonach alle Teilnehmer die Wahlordnung beachten, die Geheimhaltung wahren und dem gewählten neuen Papst Gehorsam leisten werden.
Für ihren individuellen Eid traten alle Kardinäle dann einzeln vor und jeder sprach auf Latein: "Et ego N. Cardinalis N. spondeo, voveo ac iuro". Jeweils die Hand auf das Evangelienbuch gelegt, fügten sie hinzu: "Sic me Deus adiuvet et haec Sancta Dei Evangelia, quae manu mea tango." ("Und ich, N. Kardinal N., verspreche es, verpflichte mich darauf und schwöre es. So wahr mir Gott helfe und die heiligen Evangelien, die ich mit meiner Hand berühre.")
Als Erster leistete Kardinal Parolin den Eid, nach ihm die vier anderen unter 80 Jahre alten Kardinalbischöfe im Konklave, Fernando Filoni, Luis Antonio Tagle, Robert Prevost und Louis Raphael Sako. Als letzter Papstwähler leistete der "dienstjüngste" aus der Klasse der Kardinaldiakone, George Jacob Koovakad, den Eid.
"Extra omnes"
Genau um 17.43 Uhr sprach Erzbischof Ravelli die Formel "Extra omnes" ("alle hinaus!"). Daraufhin mussten alle am Konklave beteiligten Nichtwähler die Sixtina verlassen. Zu ihnen zählten hohe Prälaten der römischen Kurie, weitere Vatikanmitarbeiter und auch der Kommandant der Schweizergarde, Christoph Graf, die den Einzug der Kardinäle im hinteren Teil der Kapelle mitverfolgt hatten.
Ravelli schloss anschließend die Tore der Sixtinischen Kapelle. Für die Papstwähler Kardinäle folgte dort eine Meditation durch den ehemaligen Prediger des Päpstlichen Hauses, Kardinal Raniero Cantalamessa. Der bereits 90-jährige Cantalamessa musste danach ebenso die Kapelle verlassen wie Erzbischof Ravelli. Nach der geistlichen Einstimmung sollte gegen 18 Uhr der erste geheime Wahlgang beginnen.
Zur Abgabe ihres Stimmzettels treten die Kardinäle einzeln vor den Altar, legen den Zettel in die Urne und sprechen eine weitere Eidesformel. Anschließend werden die Stimmen ausgezählt und die Zettel samt Unterlagen verbrannt. Traditionell wird dabei "schwarzer oder weißer Rauch" als Signal für die Öffentlichkeit erzeugt. Zum Papst gewählt ist, wer zwei Drittel der Wählerstimmen erhält.
Erster Rauch gegen 19.30 Uhr erwartet
Für Mittwochabend wurde gegen 19.30 Uhr der erste Rauch aus dem Rauchfang der Sixtina erwartet. Bei schwarzem Rauch wählen die Kardinäle am Donnerstag weiter. An den möglichen kommenden Wahltagen sind jeweils zwei Wahlgänge am Vor- und am Nachmittag angesetzt.